Mitwirkungsverfahren zur Thursanierung

Die FDP Wattwil hat am Mitwirkungsverfahren zur Thursanierung in Wattwil teilgenommen. Das Projekt, so wie es aktuell vorliegt, wird äusserst kritisch beurteilt und eine Überarbeitung ist zwingend notwendig.

Sanierungsnotwendigkeit unbestritten
Der Kanton St. Gallen plant in Wattwil eine Gesamtsanierung der Thur vom Rickenhof bis zur Schomatten, da die über hundert Jahre alten Flussverbauungen am Ende ihrer Lebensdauer, teilweise stark beschädigt und dringend sanierungsbedürftig sind. Wattwil ist ungenügend vor einem starken Hochwasser geschützt, und der ökologische Zustand der Thur ist unbefriedigend. Das Projekt beschäftigt Wattwil bereits seit Jahren. Nach Auffassung der FDP Wattwil ist eine Sanierung der über weite Strecken sichtbar beschädigten und über hundertjährigen Flussverbauungen dringend notwendig. Weiter steht fest, dass nach den gesetzlichen Bestimmungen von Bund und Kanton bei Flussverbauungen bzw. Eingriffen in Gewässer deren natürlicher Verlauf möglichst beibehalten oder wiederhergestellt wird.

Verhältnismässigkeit muss gewahrt bleiben
Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass sie einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können und dass eine standortgerechte Ufervegetation gedeihen kann (Art. 2 und 14 des kantonalen Wasserbaugesetzes, sGS 734.1; Art. 4 des Bundesgesetzes über den Wasserbau, SR 721.100). Die einzelnen baulichen und gestalterischen Massnahmen lassen sich jedoch nicht unmittelbar auf konkrete gesetzliche Bestimmungen stützen; regelmässig sind aufgrund der konkreten örtlichen Verhältnisse und der bestehenden Zielkonflikte Interessenabwägungen vorzunehmen, bei denen die Behörden einen erheblichen Ermessensspielraum haben. Die Notwendigkeit von Hochwasserschutzbauten und der Erhaltung von Lebensräumen für Tiere und Pflanzen erfordert unter Umständen auch Eingriffe in Eigentumsrechte Privater, die anhand der konkreten örtlichen Verhältnisse zu beurteilen sind. Die FDP Wattwil nimmt nicht zu einzelnen baulichen Massnahmen und zu Projektdetails Stellung. Grundsätzlich erachtet es die FDP Wattwil als nachvollziehbar, dass eine Verbesserung des Hochwasserschutzes im überbauten Gebiet auch eine gewisse Verbreiterung des Flussbetts erfordert und dass grössere Aufweitungen des Gerinnes ausserhalb des Baugebietes vorgesehen werden. Generell sind aber aus der Sicht der FDP Wattwil Eingriffe in die Rechte von direkt betroffenen Eigentümerinnen und Bewirtschaftern zurückhaltend vorzunehmen und auf das Notwendige zu beschränken. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit ist bei sämtlichen Eingriffen in Grundrechte und damit auch in Eigentumsrechte sorgfältig anzuwenden. Der FDP Wattwil scheint aber vielmehr, dass aktuell genau diese Verhältnismässigkeit zu Gunsten eines Prestigeprojektes übermässig strapaziert wird und der Ermessensspielraum der Behörden für das Gewässer und gegen die Eigentümerinnen und Bewirtschafter ausgelegt wird.

Rodung der Alleebäume wird kritisch betrachtet
In bestimmten Bereichen erscheint die Interessenabwägung nur schwierig nachvollziehbar. In solchen Fällen müssten die massgebenden Aspekte auch für Nicht-Fachleute plausibel dargelegt werden. Dies gilt beispielsweise für die Entfernung praktisch sämtlicher Alleebäume. Ein solcher als Kahlschlag empfundener Eingriff ruft nach einer überzeugenden Begründung, zumal dem Flussraum mit der Allee und den Uferwegen im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder (ISOS) eine hohe Bedeutung für das Gesamtortsbild von Wattwil beigemessen wird. Der Aufwuchs einer Baumallee dieses Ausmasses bedarf mehrerer Jahrzehnte. Die FDP Wattwil befürchtet, dass in dieser Zeit die Thur und die darin befindlichen Steinflächen so fest erhitzt werden, dass die Flora und Fauna nachhaltigen Schaden nehmen wird. Zudem befürchtet sie in den Sommermonaten eine markante Hitzestauung und Hitzesteigerung im Ortszentrum.

Finanzielle Folgen nicht abschätzbar
Äussert mangelhaft sind nach Auffassung der FDP Wattwil schliesslich die Angaben zu den mutmasslichen Kosten des Projekts. Bisher war die Rede von rund 50 Mio. Franken. Mit der Eröffnung des Mitwirkungsverfahrens werden nun allerdings die Kosten auf rund 110 Mio. Franken beziffert, wobei die Grundlagen auf dem Jahr 2018 basieren und eine Abweichung von plus/minus 15 Prozent möglich ist. Für die Sanierung der Thur werden 54 Mio., für den Neubau der Wege entlang der Thur 12 Mio., für die Aufwertung des Thurraums 19 Mio. und für die Verlegung der Werkleitungen aus dem Thurraum 25 Mio. veranschlagt. Soweit ersichtlich finden sich in den aufgelegten Projektunterlagen keine detaillierteren Angaben zu den Kosten der einzelnen Bereiche. Ebenso liegt keine Kostenverteilung zwischen Bund, Kanton und Gemeinde vor. Gemäss dem kantonalen Wasserbaugesetz wäre die Gemeinde Wattwil aber im schlechtesten Fall zu einer Mitfinanzierung von 25 Prozent verpflichtet.

Mangelnde Wirtschaftlichkeit macht Projekt unberechenbar
Weiter stört sich die FDP Wattwil daran, dass der Bund das Projekt bemängelt. In seiner Stellungnahme bemängelt er, dass das Projekt derzeit noch keine gute Wirtschaftlichkeit aufweist. Genau diese Wirtschaftlichkeit ist aber notwendig, damit der Bund finanzielle Abgeltungen leistet. Der Bund verlangt diesbezüglich eine Verbesserung des Projekts. Offen ist weiter, ob der Bund auch Beiträge an die Kosten der Verlegung von Werkleitungen leistet. Die Belastungen für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler von Wattwil sind also noch völlig intransparent, zumal der Bund in verschiedenen konkreten Punkten eine Verbesserung des Projekts fordert.

Städtebauliche Entwicklung – einzige positive Nachricht
Die FDP Wattwil begrüsst, dass der Zugang zur Thur und ihrer Umgebung verbessert und damit auch den Bedürfnissen von Erholungssuchenden Rechnung getragen wird. Damit würde der Gemeinde Wattwil ein einzigartiges Naherholungsgebiet und eine einzigartige städtebauliche Entwicklung ermöglicht. Allerdings stellt sich in diesem Bereich die Frage, wie die Ruhebedürfnisse von Anwohnerinnen und Anwohnern gewährleistet sind, denn attraktive Naherholungsgebiete können namentlich in der warmen Jahreszeit auch für lärmige Betätigungen zweckentfremdet werden.

Fazit
Die FDP Wattwil erwartet,

  • dass das Projekt redimensioniert wird, ohne dass der Hochwasserschutz darunter leidet;
  • dass die Gewässerräume auf das gesetzlich vorgeschriebene Minimum reduziert werden;
  • dass ein wirtschaftliches Projekt ausgearbeitet wird, so dass der Bund das Projekt ebenfalls finanziell unterstützen kann;
  • dass eine nachvollziehbare und transparente Kostenkalkulation sowie ein Kostenteiler zwischen den drei Staatsebenen erstellt und öffentlich dargelegt wird;
  • dass ein Konzept erstellt wird, wie die bestehenden Alleebäume bestmöglich erhalten und geschützt werden können, so dass es zu möglichst wenigen Rodungen kommt.