USA: Karin Keller-Sutters Blick hinter die Kulissen

Die USA sind nach der EU der zweitwichtigste Handelspartner der Schweiz. Im Rahmen meiner Delegationsreise hat eine parlamentarische Delegation Washington D.C., Chicago sowie New Glarus besucht. Im Zentrum des Arbeitsbesuchs standen Gespräche zur amerikanischen Steuerreform sowie zu den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und den USA. Unsere Eindrücke bestätigen: An der Vertiefung unserer Beziehungen sind beide Seiten interessiert. 

von Karin Keller-Sutter, Ständeratspräsidentin

Präsident Trump polarisiert. Wenn er etwas entscheidet, wird dies in Europa kritisch aufgenommen. Dies gilt auch dann, wenn der Entscheid objektiv richtig ist. Unsere Gespräche in Washington und Chicago haben auch in den USA dieses Bild bestätigt. Praktisch alle Gesprächspartner aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft setzten Fragezeichen hinter die Person Trump, unterstützen aber seine Politik. Immerhin hat der Kongress in einer Rekordzeit von sieben Wochen eine Steuerreform durchgepaukt, die die amerikanische Wirtschaft wettbewerbsfähiger machen und die Unternehmensgewinne nach Amerika zurückholen will. Diese Reform hat auch Auswirkungen auf die Schweiz, da viele amerikanische Firmen ihren Hauptsitz in unserem Land haben. Wenn auch kein Massenexodus zu befürchten ist, müssen wir uns doch bewusst sein, dass die Gefahr der Repatriierung von Unternehmensgewinnen erheblich ist. Dies gilt umso mehr, als den US-Firmen eine Rückzahlungsfrist von 8 Jahren eingeräumt wurde. Wir sind also unsererseits gefordert, die Steuervorlage 17 nicht nur attraktiv zu gestalten, sondern auch möglichst rasch ins Trockene zu bringen, um das Steuersubstrat in der Schweiz zu halten. Mehrere Gesprächspartner in den USA haben sich nach dem Stand der Dinge erkundigt, denn auch sie wollen Rechtssicherheit für ihre Firmen. 

Freihandelsabkommen könnte wieder ein Thema werden

Das Klima der Gespräche auf der politischen Ebene war gut. Positiv ist insbesondere, dass die Schweiz keine Zielscheibe der amerikanischen Politik mehr ist. Vielmehr wird unser Land als wichtiger Investor in den USA und als freiheitlicher Staat hoch geschätzt. Senator Rob Portman sowie andere führende Republikaner haben denn auch die Möglichkeit eines Freihandelsabkommens zwischen der Schweiz und den USA angesprochen. Gerade Portman kennt das Dossier und die Sensibilität rund um die Frage der Landwirtschaft, war er doch damals, als die Schweiz 2006 die Verhandlungen abgebrochen hat, Handelsbeauftragter der USA. Interessant ist auch, dass die USA in der nächsten Zeit die Trade Promotion Authority um weitere drei Jahre verlängern werden. Damit erhält die Trump-Administration die Möglichkeit, Freihandelsverhandlungen mit anderen Staaten zu führen. Man spürt: Die USA wollen Freihandel, ziehen dabei aber die bilaterale Ebene vor. Die Trump-Administration scheint in dieser Frage pragmatischer und will keine umfassenden Abkommen. Ausnahmen für unsere Landwirtschaft wären deshalb wohl möglich. Allerdings müssten die roten Linien mit den Bauern zuerst innenpolitisch geklärt werden. 

Unser Bild der USA ist einseitig

Ein Highlight unserer Reise in die USA war der Besuch in New Glarus, wo Schweizer Traditionen und Werte hochgehalten werden. Der Besuch in Wisconsin war mir ein besonderes Anliegen, da man dort das „wahre“ Amerika erlebt. In Chicago durfte unsere Delegation die Wiedereröffnung des Generalkonsulats bekannt geben, was geradezu begeistert aufgenommen wurde. Vergessen wir nicht: Die Exporte von der Schweiz allein nach Illinois sind wichtiger als jene nach Spanien und Italien zusammen. Der Mid-West wird bei uns jedoch kaum gehört. Unser Bild von Amerika ist geprägt von den Berichten über die Ost- und Westküste. Die Menschen im Mid-West haben mehrheitlich Trump gewählt, weil sie ihre Werte bewahren, den staatlichen Einfluss begrenzen, die Umverteilung stoppen und für ihre geleistete Arbeit wieder belohnt werden wollten.